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Einführung

Die Faszination des Hochgebirges begeistert in den letzten Jahren immer mehr Menschen. So erfreut sich auch winterlicher alpin Sport in der freien Natur wie etwa Schneeschuhwanderungen, Skitouren, Varianten fahren und Freeriden abseits der gesicherten Pisten immer größerer Beliebtheit. Wintersportorte werben im Zuge dessen gezielt mit dem Reiz der wilden Natur. Kaum eine Gemeinde verzichtet in ihren Broschüren und Webseiten auf spektakuläre Bilder von Tiefschneeabfahrten im Gelände. Auf die bestehenden Risiken in diesem Raum wird dabei oftmals nicht eingegangen. Sie werden auch häufig von den Wintersportlern unterschätzt und so sterben jährlich zahlreiche Menschen in Lawinen in den Alpen. Oftmals sind Leichtsinn, Fahrlässigkeit und mangelnde Tourenplanung bzw. Ausrüstung Grund für die Unglücke. Bei einer adäquaten Vorbereitung und Ausrüstung wäre jedoch wahrscheinlich ein Großteil der Lawinentoten verhinderbar gewesen.

Zu dieser Grundausrüstung für solche Aktivitäten im freien Gelände gehören ein Lawinenverschüttetensuchgerät (LVS), eine Lawinensonde, eine Lawinenschaufel, ein Handy und ein Erst-Hilfe-Paket. Ohne diese Ausrüstung ist die Wahrscheinlichkeit äußerst gering eine verschüttete Person innerhalb der ersten 18 Minuten zu bergen, wo noch eine Überlebenschance von 90% besteht. Nach diesem „Überlebensknick“ nimmt die Überlebenschance rapide ab (vgl. Brugger 2001). Um das Risiko einzudämmen ist aber auch eine adäquate Vorbereitung und Routenplanung unabdingbar. Zentral ist hierbei die Analyse des Lawinenlageberichts (LLB), welcher neben der akuten Gefahrenstufe auch Auskunft über den Schneedeckenaufbau, die potentiellen Gefahrenbereiche und -quellen sowie die Auslösewahrscheinlichkeit gibt. Im Zuge der kartographischen Hochgebirgsexkursion 2010 hatten wir durch den Besuch des Lawinenwarndienst Tirol und der Einführung von Patrick Nairz die Möglichkeit einen detaillierten Einblick in die Praxen und Arbeitsweisen der in diesem Feld tätigen Institutionen zu bekommen (siehe Bericht der Dokumentationsgruppe).

Nicht nur im Zuge einer kartographischen Hochgebirgsexkursion spielt die Karte eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Lawinengefahr. Sie gilt als wichtigstes Instrument um potentielle Gefahrenstellen im Vorhinein auszumachen. „Schwierigkeiten können jedoch bei der genauen Interpretierbarkeit des Karteninhaltes auftreten“ (Kriz und Galanda (1998), S.115). Daher ist das genaue Lesen von topographischen Karten erforderlich, da schließlich die ausgemachten Gefahrenstellen auch im Gelände wiedererkannt werden müssen. Um die Lawinengefahr aus der Karte heraus zu beurteilen ist allerdings auch die Interaktion von fachlichem Wissen und praktischen Erfahrung im freien Gelände unabdingbar. Während der kartographischen Hochgebirgsexkursion 2010 sollten die Studierenden sich im Zuge eines Fragebogens und anhand der Karten bereits vor den jeweiligen Touren mit dem Gelände und dessen potentiellen Gefahrenstellen vertraut machen (siehe Auswertung des Fragebogens).

Nicht zu Letzt komm es auch auf die aktuelle körperliche und geistige Verfassung der Gruppe und der Einzelpersonen an. Unkonzentriertheit und Ermüdung aber auch Übermut können schnell einen perfekten Wintertag tragisch enden lassen. Hilfsmittel die die genannten Punkte berücksichtigen und bei einer Abwägung der Lawinensituation behilflich sind, sind etwa die Stop or Go Methode, die Reduktionsmethode oder die DAV-Snowcard. Hierbei ist jedoch festzuhalten, dass eine hundertprozentige Sicherheit nie gegeben ist. Das Risiko, welches immer besteht, kann jedoch minimiert werden.

 

Die Erörterung der Lawinengefahr im Zusammenhang mit sportlichen Aktivitäten ist angesichts des Ablaufs der kartographischen Hochgebirgsexkursion sehr sinnvoll. Dies wurde jedoch von den Teilnehmenden der Vorjahre umfangreich bearbeitet. Daher soll der Fokus heuer auf den Einfluss von Lawinen auf bewohnte Gebiete im Alpenraum liegen. Vielmehr sollen die Möglichkeiten des Lawinenschutzes und die Potentiale der Modellierung von Lawinenereignissen genauer betrachtet werden. Bei den Lawinenschutzmaßnahmen soll sowohl auf permanente als auch temporäre Möglichkeiten eingegangen werden. Simulationsmodelle unterstützen dabei Planungstätigkeiten im Bereich des Lawinenschutzes. Sie tragen zur besseren Prognose des Abflussverhaltens und Ausmaßes von Lawinen bei. Neben der Bestimmung der potentiellen Fließwege ermöglicht das Lawinensimulationsmodell in Kombination mit den topographischen Informationen auch die Bestimmung der maßgeblichen Abflusscharakteristika wie etwa Fließgeschwindigkeit, Abflusstiefe und Fließ- und Stoppverhalten. Somit können die Lawinensimulationsmodelle als Ergänzung der Gefahrenzonenpläne und als Unterstützung bei der Erstellung von Präventivmaßnahmen gesehen werden.

 

Im Zuge dieser Arbeit sollte eigentlich das Lawinenereignis aus Galtür vom Februar 1999 modelliert werden und infolgedessen mit den bestehenden Gefahrenzonenplänen verglichen werden. Somit sollte festgestellt werden wie realistisch die Simulation einer Lawine insbesondere mit Hilfe des Lawinensimulationsmodell r.avalanche der Open Source Software Grass Gis ist. Leider konnte jedoch dieses in Grass Gis nicht fehlerfrei zum Laufen gebracht werden. Daher liegt der Fokus auf den beiden oben genannten Punkten. Da jedoch in Bezug auf die Bildung und Auslösung von Lawinen zahlreiche Faktoren wie die Hangneigung, Exposition, Höhenlage, Niederschläge, Temperatur, Wind und Geländeform ein bedeutende Rolle spielen, soll zur genaueren Einführung in die Thematik zunächst auf diese Lawinenbildenden Prozesse eingegangen werden.

 

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Kartographische Hochgebirgsexkursion
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